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Pressemitteilung

Weihnachtsrede 2012

ÖDP Stadtrat Benedikt Suttner hält die diesjährige Weihnachtsrede im Plenum

Stadtrat Benedikt Suttner

Weihnachtsrede 2012

Es gilt das gesprochene Wort!


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Regensburgerinnen und Regensburger,


im Mai dieses Jahres gab der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Vosskuhle, der Wochenzeitung „Die Zeit“ ein Interview. Darin ging es um Streit mit Berlin, es ging um Geld, es ging aber auch um das Thema Geduld.

Schließlich antwortete der Bundesverfassungsgerichtspräsident im Laufe des Gespräches auf die Frage „Hat die Politik zu wenig Zeit?“ wie folgt:
„Ja, daran lässt sich aber leider wohl nur wenig ändern. Eigentlich brauchte die Politik mehr Momente der Entschleunigung, Reflexionsschleifen, um über grundlegende Entscheidungen nachzudenken, aber auch, um bereits getroffene Entscheidungen zu evaluieren.“ Momente der Entschleunigung, Reflexionsschleifen, Evaluation der getroffenen Entscheidungen, alles Begriffe, die zum Nachdenken anregen. Sicher, Vosskuhle hat hiermit in erster Linie die internationale oder zumindest die Bundespolitik gemeint. Dennoch denke ich, dass eine Weihnachtsrede als Moment des Rückblicks einen guten Zeitpunkt darstellt, dieser Frage, diesen Gedankenimpulsen auch hinsichtlich unserer Aufgaben im Stadtrat nachzugehen.

Feuerwehr– und THW-Einsatzkräfte, Chirurgen, Intensivpflegekräfte, sie alle müssen stets konzentriert, auf Abruf sofort einsatzbereit und handlungsfähig sein. Falsche Entscheidungen können dabei Menschenleben kosten. Diese schnelle Einsatzbereitschaft funktioniert jedoch nur dank eines vorher und in Ruhe akribisch ausgearbeiteten Prozessplans. Dabei muss Schritt für Schritt gehandelt werden, keine Zwischenschritte dürfen ausgespart werden. Profis sind schnell, aber sie überstürzen nichts. Der präzise Prozess ist der wichtige Schlüssel zum Erfolg. Und es bedarf der nachträglichen Reflexion, einer Evaluation der im Einsatz oder während der Operation getroffenen Entscheidungen. Auch dafür muss man sich Zeit nehmen.

Wer von Einsatz zu Einsatz hetzt, wer ein Projekt nach dem anderen „durchzieht“ ist in Gefahr, Ziele aus dem Augen zu verlieren und Fehlentwicklungen gar nicht mehr zu erkennen. Werden die gefällten Stadtratsentscheidungen von uns ausreichend evaluiert und reflektiert? Bedürfte nicht der ein oder andere Beschluss einer genaueren Nachbetrachtung, beispielsweise unter Berücksichtigung entsprechender Rahmenpläne und Gesamtkonzepte?

Entschleunigung, um über Entscheidungen zu reflektieren - darin sehe ich auch einen politischen Hinweis der Adventszeit. Der Advent ist bekanntlich die Vorbereitungszeit auf das Weihnachtsfest, die Geburt Christi, die Menschwerdung Gottes. Doch nicht in auftrumpfendem Machtgehabe kommt der Sohn Gottes zu uns. Er kommt als kleines Kind. Noch dazu als Kind einfacher, kleiner Leute.

Weihnachten ist also ein Fest bei dem nicht Perfektion oder Macht im Fokus stehen, sondern das Kleinsein, die Armut, das Schwache. Nicht nur das Christentum, nahezu alle großen Weltreligionen kennen die Wert-schätzung des Kleinen und des Schwachen. Und auch die Demokratie zieht ihre Legitimation aus dem Handeln im Sinne der Schwachen in unserer Gesellschaft.

Wenn demokratische Institutionen nur noch den Durchsetzungsstärksten dienen, die auf den Staat eigentlich nicht angewiesen sind, wenn sie die Rechte und Anliegen der Schwächeren aus den Augen verlieren, dann ist etwas schief gelaufen. Als gewählte Vertreter der „Boomtown“ Regensburg sollte es stets unsere Aufgabe sein, als Gemeinwohlinstanz zu handeln. Das bedeutet auch, immer wieder zu reflektieren, ob weiterhin alle Bevölke-rungsteile am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Trotz niedriger Arbeitslosenzahlen gibt es Armut in unserer Stadt. Und es ist eine Armut, die ausgrenzt. Deshalb sollten wir trotz eines enormen Investitions-programms mit vielen Großprojekten den Blick auf die menschlichen Schicksale nicht verlieren. Der aktuelle Sozialbericht mitsamt seinen bürgerschaftlich erarbeiteten Handlungsempfehlungen kann uns hier ein guter Wegweiser sein. Gerade diesen Bericht sollten wir immer wieder in Ruhe als Hilfe zur Überprüfung unserer Entscheidungen heranziehen!
Entschleunigung bedeutet für mich aber nicht zuletzt auch, die eine oder andere hitzig geführte Debatte nachträglich zu reflektieren und den Zündstoff zu entschärfen. Dadurch wird der Kopf wieder frei und kann mit neuen Ideen, Eifer und Kraft gefüllt werden.

In unserer Stadt gibt es viele, sehr viele Menschen, die sich beruflich, aber auch ehrenamtlich für das Wohl Regensburgs einsetzen. Es ist mir ein besonderes Anliegen, mich an dieser Stelle herzlich bei allen zu bedanken, die in Vereinen, Verbänden, Initiativen oder als Privatpersonen wichtige Leistungen oft im Hintergrund erbringen und womöglich niemals im medialen Rampenlicht stehen.

Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung. Ich möchte betonen, dass Sie es sind, die die Umsetzung unserer Entschei-dungen im Wesentlichen tragen. Das erfordert nicht selten mehr als Dienst nach Vorschrift. Für all das kreative Herzblut, das Sie in Ihre tägliche Arbeit zum Wohl unserer Stadt und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner stecken, möchte ich Ihnen, ich denke auch im Sinne aller Kolleginnen und Kollegen besonders danken.

Der Stadtrat ist ein demokratisches Gremium. Demokratie erfordert den sachlichen Diskurs und wenn nötig auch eine sachlich geführte Streitkultur. Uns alle eint aber der Wille, die Geschicke der Stadt zu ihrem Wohl zu beeinflussen und zu lenken. Dafür, dass wir als demokratisches Gremium „Stadtrat“ trotz unterschiedlicher inhaltlicher Ansichten zusammen arbeiten, sage ich Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen sowie Ihnen, Herr Oberbürgermeister und den Bürgermeistern Herr Weber und Herr Wolbergs ebenso Danke.

Daran, dass die Bürgerinnen und Bürger über unsere Arbeit möglichst transparent informiert werden, haben Sie, werte Vertreterinnen und Vertreter der Medien, den größten Anteil. Auch hierfür herzlichen Dank.
Ihnen allen und allen Bürgerinnen und Bürgern wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und eine besinnliche, ruhige Zeit im Kreis Ihrer Lieben. Schöpfen Sie neue Kraft, um den anstehenden Aufgaben tatkräftig, aber auch mit der nötigen Sorgfalt, nachzugehen.


gez.
Benedikt Suttner
Mitglied der ÖDP-Stadtratsfraktion
im Regensburger Stadtrat

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